Kronen Zeitung Interview: Alles, was Recht ist

Kronen Zeitung Interview, Alles was Recht ist

INTERVIEW Notarin Isabella Pouzar-Hofmeister über die vielen Dinge und Details, die beim Kauf oder Verkauf, Vererben oder Verschenken einer Immobilie bedacht werden müssen.

Frau Notarin, welche sind denn die wichtigsten Fragen, die bei einem Immobilienkauf oder -verkauf vor der Vertragsunterzeichnung zu klären sind?

Jede Immobilientransaktion startet mit der Online-Einsicht in das elektronische Grundbuch. Das ist meist die wichtigste Informationsquelle für Fragen rund um die Liegenschaft. Man kann dort zum Beispiel nachschauen, wer der Eigentümer der Liegenschaft ist, ob es Belastungen gibt – beispielsweise ein Pfandrecht oder eine Dienstbarkeit – oder ob es jemanden gibt, der das Recht hat, die Übertragung der Liegenschaft zu verhindern.

Was ist noch abzuklären?

Für den Käufer, zum Beispiel, die finanzielle Situation: Kann ich mir das Wunschobjekt überhaupt leisten? Was kommt an Kosten zum Kaufpreis dazu, etwa Steuern und Gebühren? Aber auch: Brauche ich eine Genehmigung für den Erwerb – etwa für die Übernahme von Wohnbauförderung oder weil ich als Nicht-EU-Bürger in Österreich ohne Genehmigung keine Liegenschaft erwerben kann.

Für die Verkäuferseite ist wichtig: Darf ich die Immobilie überhaupt verkaufen oder muss jemand zustimmen – beispielsweise ein Berechtigter aus einem Veräußerungsverbot oder Vorkaufsrecht. Reicht der Kaufpreis zur Bezahlung meiner Schulden bei der Bank, die ein Pfandrecht im Grundbuch hat? Dazu kommen zahlreiche steuerliche Fragen, die zu klären sind.

Und dann braucht es natürlich einen Kaufvertrag …

Unsere wichtigste Aufgabe bei einer Immobilientransaktion ist es, grundbuchsfähige, faire Verträge aufzusetzen und dazu eine passende Treuhandschaft zu erstellen und abzuwickeln. Der Käufer zahlt – in der Regel – den Kaufvertrag und die Abwicklung. Er ist daher der Auftraggeber. Wir dürfen aus berufsrechtlichen Gründen durch unsere Verträge keine Vertragspartei benachteiligen oder gar überrumpeln. Zu dem Zweck sind wir angehalten, einen fairen Ausgleich der Interessen zu suchen. Neben dem Vertrag liegt das in der sicheren Abwicklung durch eine Treuhandschaft. Sie regelt die Verwahrung, Verwendung und Auszahlung vom Kaufpreis beziehungsweise auch die Verwahrung von Urkunden.

Die finanzielle Abwicklung läuft immer über ein sicheres Treuhandkonto?

Notare müssen bei einem Geschäft mit barem Geldwert von mehr als 10.000 Euro ein Treuhandkonto eröffnen und die Transaktion über dieses abwickeln. An das Konto ist auch die Versicherung des Geschäftes geknüpft. Es gibt eine eigene Richtlinie, an die sich die Notare diesbezüglich zu halten haben, deren Einhaltung auch regelmäßig von der zuständigen Notariatskammer überprüft wird.

Mit welchen Kosten ist zu rechnen, wenn man einen Notar, eine Notarin hinzuzieht?

Es gibt gesetzliche Regelungen, den sogenannten Notariatstarif, wie viel ein Notar maximal für seine Leistungen verlangen darf. Notare handeln wie Unternehmer, und daher gibt es unter dieser Schwelle auch unterschiedliche Preisangebote. Es sollte aber nicht der niedrigste Preis gewählt werden, sondern das Angebot von dem Notar, dem Sie am meisten Vertrauen schenken. Als Entscheidungskriterien bieten sich zum Beispiel an: ein informatives Erstgespräch, verlässliche Reaktion und Antwort auf vorgebrachte Anliegen sowie die Ermittlung eines klaren und nachvollziehbaren Kostenvoranschlags.

Sie liefern das Stichwort: Das Erstgespräch bei einem Notar ist immer kostenlos. Worum geht es da?

Der Zweck des kostenlosen Erstgesprächs ist es, die Wünsche der rechtsuchenden Partei anzuhören und in die vorliegenden Unterlagen – wie zum Beispiel Grundbuch, Kaufanbot und Bankpapiere – Einsicht zu nehmen. In der Folge dieser Beratung sollte ein Lösungsvorschlag vom Rechtsberater präsentiert werden, der auch die Kostenseite und die anfallenden Gebühren beleuchtet.

Worauf ist beim gemeinsamen Erwerb einer Immobilie durch zwei (Ehe-)Partner zu achten? Es kann ja immer sein, dass sich die Lebensumstände – etwa durch einen Todesfall oder eine Scheidung – plötzlich ändern.

Wenn zwei Personen gemeinsam eine Immobilie erwerben, gibt es oft Fragen nach der Absicherung des eingebrachten Geldes jeder einzelnen Person. In solchen Situationen muss man gedanklich so vorgehen, als würden Fremde ein gemeinsames Investment machen, und dann erkunden, was die Partner als fair empfinden und welche Rechte darüber hinaus sie sich gegenseitig einräumen wollen. In diesen Fällen ist es meist so wie bei allen Ehe- und Partnerschaftsverträgen: Je mehr Zeit man vorab in die Besprechung und Regelung steckt, desto besser kann alles vereinbart werden und umso rascher kann in der Zukunft eine Aufteilung erfolgen.

Was ist beim Vererben oder der Schenkung einer Immobilie zu beachten?

Wer zu Lebzeiten schenkt, erzeugt für sich und für die Angehörigen eine rechtssichere Situation. Nach der Erstbesprechung beim Notar und vor Auftragserteilung sind die Kosten der Transaktion bekannt. Für den Beschenkten, der vielleicht Betreuungsleistungen erbringt und dafür weniger eigenes Einkommen hat, kann die Schenkung auch einen gewissen Aspekt der finanziellen Absicherung bedeuten. Wer im Schenkungsobjekt wohnen bleiben will, muss unbedingt ein Wohnungsgebrauchsrecht oder ein Fruchtgenussrecht zur Absicherung vereinbaren und im Grundbuch verbüchern lassen. Auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten des Geschenkgebers ist ratsam.

Aber: Schenkungen sind schwer wieder rückgängig zu machen, normalerweise gilt „geschenkt ist geschenkt“. Diese Sorgen treffen den, der die Sachen vererben will, nicht. Bis zum eigenen Tod steht dem Eigentümer sein gesamtes Vermögen zur freien Verfügung. Hier sei aber vor einem anderen Phänomen gewarnt, den sogenannten Erbschleichern. In meiner Praxis als Testamentsverfasserin bestehe ich immer darauf, eine längere Zeit mit dem Testator alleine zu reden und dessen wahre Beweggründe zu erforschen, um Einflussnahme möglichst ausschließen zu können.

Was ist die günstigere Variante? Vererben oder schenken?

Hier kommt es wirklich auf den Einzelfall an. Eine Schenkung und ein problemloses Verlassenschaftsverfahren werden meist recht ähnlich in den Kosten ausfallen. Was zum Beispiel die Grunderwerbssteuern und die Eintragungsgebühren beim Grundbuch betrifft, sind in den meisten Fällen keine Unterschiede zu erwarten. Aber auch hier „liegt der Hund im Detail begraben“. Die Themen Schenkung und Verlassenschaft sind ein weites Feld. Ich kann nur dazu raten, sich von einem Spezialisten den konkreten Fall genau aufschlüsseln zu lassen.

„Wer zu Lebzeiten schenkt, erzeugt für sich und für die Angehörigen eine rechtssichere Situation. Aber: Schenkungen sind schwer wieder rückgängig zu machen.“

„Unsere wichtigste Aufgabe bei einer Immobilientransaktion ist es, grundbuchsfähige, faire Verträge aufzusetzen und dazu eine passende Treuhandschaft zu erstellen und abzuwickeln.“

Interview: Günther Kralicek


 

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