Gestern habe ich mit einem Kunden gesprochen und mir ist aufgefallen, dass der Beruf des Notars in der Vorstellung vieler Menschen anscheinend im Erstellen von Urkunden und im Beglaubigen besteht.
Das hat mich wirklich verblüfft, da ich meinen Job als 80 % Beratung empfinde. An einem normalen Tag habe ich einige mehr oder weniger lange Besprechungstermine in der Kanzlei und oft ebenso viele
Beratungstermine, die online oder telefonisch ablaufen. Die Beratung macht also bei Weitem den zeitlich größten Teil meines Arbeitsalltages aus. Ich berate Menschen gerne und halte es für ein großes Privileg, so oft um Rat gefragt zu werden.
Manche Menschen müssen sich wirklich einen Ruck geben, um sich beim Notar beraten zu lassen, sie haben Angst vor einem Besuch. Das kommt besonders oft in Gerichtskommissionen vor. In diesem Zusammenhang teilen mir viele mit, dass Sie die Nacht davor recht schlecht geschlafen haben.
Die Ungewissheit über das, was sie bei uns in der Kanzlei erwartet, habe sie wachgehalten. Als Reaktion darauf habe ich meinen Einladungsbrief für Angehörige der Verstorbenen, deren Gerichtskommissarin ich bin, verändert: Dieser ist nur kürzer und – wie ich hoffe – freundlicher und einladender.
Die Liste der Dinge, die mitzubringen sind, ist nun auf einem eigenen Blatt und soll so die leichtere Lesbarkeit erhöhen. Es gibt aber auch Personen, die zu uns aus freien Stücken kommen und denen trotzdem beim Gedanken an den Besuch mulmig wird. Oftmals sind die Themen, die wir mit den Kundinnen und Kunden bearbeiten, belastend: Es geht um Krankheit, Tod, lebensverlängernde Maßnahmen oder auch Trennung. Ich kann gut verstehen, dass der Gang zu uns dann nicht immer leicht fällt.
Eines kann ich aber versprechen: Wissen nimmt die Angst!
Ein Besuch bei uns soll den Geist erhellen und aufzeigen, welche Gestaltungsmöglichkeiten offenstehen.
Es erfüllt mich mit besonderer Genugtuung, wenn dieselben Menschen, die davor viele Sorgen am Herzen hatten, dann mit leichtem Herzen die Kanzlei verlassen und am Ende sagen, dass es gar keinen Grund zur Sorge gegeben hat und dass Sie das nächste Mal viel früher und entspannter Rat suchen werden.